Am Sonntag, 31.07.22 war Weatherpark-Geschäftsführer Simon Tschannett abends in der ZIB2 zu Gast und beantwortete Marie-Claire Zimmermanns Fragen zu den Themen Kaltluft, Stadtklimaanalysen und warum uns langsam die Zeit für Klimawandelanpassung davon läuft.
„Als Städte damals vor hundert Jahren gebaut wurden, war eine Hitzewelle ein seltenes Ereignis, das vielleicht alle 10 bis 20 Jahre einmal auftrat. Heutzutage leiden wir jährlich unter meist mehreren Hitzewellen, daher müssen wir die Städte jetzt dringend an die sich verändernden Bedingungen anpassen“, erklärt Tschannett und mahnt zum schnelleren Handeln in Sachen Klimawandelanpassung.
Strategische Anpassung
Der Klimaschutz sowie die Erhaltung der Lebensqualität in den Städten durch Anpassung an die klimatischen Veränderungen – beides ist enorm wichtig, so Tschannett. Hierfür ist strategische Anpassung notwendig. Es ist erforderlich, nicht nur ein einzelnes Objekt zu betrachten, sondern die ganze Stadt miteinzubeziehen und dann daraus Erkenntnisse für ein spezifisches Bauprojekt sowie für jegliche Veränderung in der Stadt abzuleiten.
Kaltluftstrom
Beim Thema Kaltluft bezieht sich das Interview auf die von Weatherpark erstellten Stadtklimaanalysen für Wien und Linz. „Es ist essentiell die kalte Luft, die aus den umliegenden Gebieten in die Stadt hineinströmt, zu erhalten. Einerseits muss darauf geachtet werden, dass die Entstehungsgebiete der Kaltluft nicht zubetoniert werden und andererseits, dass die Gebiete, wo die kalte Luft in die Stadt hinein fließt auch nicht verändert bzw. versiegelt werden.“, erklärt Tschannett. Die kalte Luft entsteht über Nacht auf Wiesen und Feldern und ermöglicht in ihrem Wirkbereich, der in Wien bis in den Bereich des Gürtels reicht, einen erholsamen Schlaf. Da sich das allgemeine Temperaturniveau aufgrund des Klimawandels weiter erhöhen wird, wird diese kalte Luft noch wertvoller für die nächtliche Abkühlung der Stadt. Auch deshalb ist es wichtig, der Klimaerwärmung entgegen zu wirken, denn wenn es zu warm wird, wird auch die relative kalte Luft wärmer und der Nachtschlaf ist weniger erholsam.
Begrünung und Schwammstadt-Prinzip
Wir müssen die Städte anpassen, indem wir oberirdisch, wie unterirdisch viel Platz schaffen um zu begrünen und Wasser (Bäche) wieder an die Oberfläche zu bringen. Bäume sollten nach dem Schwammstadt-Prinzip gepflanzt werden, das bedeutet, dass man Regenwasser (Starkregen!) im Wurzelbereich auffängt und speichert, welches dann dem Baum während Trockenperioden zur Verfügung steht. Um Platz für solche Maßnahmen zu schaffen, wird es unumgänglich sein, den Autoverkehr an gezielten Stellen zu reduzieren. Zur Kritik an dieser Aussage klärt Tschannett auf: „Man muss auch die andere Seite sehen: Wir haben in den Sommern mehr Hitzetote als Verkehrstote und das wird sich auch noch steigern.“
Zukunftsorientiert
Nachdem nach wie vor nicht ausreichend „klimafreundlich“ gebaut wird, wären für die Umsetzung gesetzliche Vorgaben ganz zentral. Bei neuen Bauprojekten sollte die Klimafitness immer mit eingeplant werden, damit auch zukünftig das Leben in der Stadt angenehm und lebenswert sein wird.
„Es geht aber nicht darum, dass man macht was möglich ist, sondern macht was nötig ist. Es sind alle Städte stark gefordert – vor allem der Gesetzgeber – dass wir jetzt den Grundstein dafür legen, in Zukunft klimafitte Städte zu haben.“, so Tschannett. Governance sei hierbei besonders gefragt, also wenn in der Verwaltung und von der Politik aus die Möglichkeit geschaffen wird, dass sich von Amts wegen jemand mit dem Stadtklima beschäftigt. „Wien, Linz und Graz sind hier Vorreiter, trotzdem sind wir dabei viel zu langsam“, mahnt Tschannett.
Er schließt mit den Worten: „Wir haben aufgrund dessen, dass wir den Klimawandel so stark befeuert haben, einfach wenig Zeit um uns noch richtig gut an das Klima anpassen zu können.“
Einen kurzen Ausschnitt davon sehen Sie auf:
Zeit im Bild – Instagram
Das ganze Interview können Sie gerne hier nachsehen:
Weatherpark bei ZIB2 Am Sonntag
Eine spannende Review dazu können Sie gerne im „Standard“ nachlesen: